Als beispielhafte Zielsetzung nehme ich an, daß ich einen Sender und einen Empfänger vorliegen habe, der mit TTL Pegeln arbeitet. Um mir nicht noch eine Schaltung bauen zu müssen, die eine geeignete Schnittstelle bietet, will ich mein Mainboard nutzen, das am IrDA Anschluß genau diese Pegel zur Verfügung stellt.
Natürlich stellt die hier vorgestellte Herangehensweise meine persönliche Arbeitsweise dar, aber große Abweichungen von diesem Schema wird es kaum geben. Man schaut, was man in den Händen hält, was man dran anschließen will, und wie man die Verbindung dazwischen gestalten muß. Das ist alles. Ich muß es leider mit recht vielen Worten erklären. Schließlich sollen die Gedankengänge klar werden.
Auf http://www.infrarotport.de/ findet sich eine Bastelanleitung von Dschen Reinecke. Sie ist anschaulich bebildert. Hier sei ein Dankeschön angebracht, da Dschen sich sehr engagiert und auch auf der Homepage anbietet, Bauteile für die verschiedenen Schaltungen zu verkaufen.
Das ist die Grundfrage, die man sich stellen sollte, wenn man an eine Referenzimplementation herangeht. Sie soll ja als Beispiel dafür dienen, was man mit einem Bauteil alles anfangen kann. Damit man das Beispiel auch versteht, muß man auch über genügend Vorkenntnisse verfügen. Diese Kenntnisse und das Beispiel helfen dabei, das Beispiel zur eigenen Verwendung abzuändern.
Im ersten Schritt schaut man sich aber das 'Zielobjekt' erst einmal genau an und versucht zu verstehen, was da passiert.
Also: Ich habe ein Bauteil vor mir mit einer Typenbezeichnung TFDS4500 und dem Hersteller Vishay Telefunken. Das Bauteil hat acht Beinchen, also genügend Fehlerquellen. Ich brauche mehr Informationen, also schaue ich im WWW beim Hersteller vorbei. Unter http://www.vishay.de/ finde ich dann auch das Bauteil mit Datenblatt (284262 Bytes) und - eben einer Referenzimplementation (517955 Bytes) im Acrobat-Reader Format (.pdf).
Das Datenblatt schaue ich mir zuerst an.
Sehr ausführlich erfährt man hier die technischen Daten des Bauteils. Dabei findet man weniger interessante Informationen, wie z.B. Abstrahlwinkel, mittelwichtige Informationen wie Maße und Anordnung der Pins, und sehr wichtige Informationen, die Pinbelegung und die elektrischen Eigenschaften. Natürlich hängt die Wichtigkeit der Informationen davon ab, was man erreichen will.
Jetzt kommen die Grundkenntnisse und die Voraussetzungen ins Spiel.
-
Wie hoch ist die Versorgungsspannung des Bauteils und was kann ich bieten ?
- Was ist im Bauteil enthalten ? Was muss ich selbst anschliessen ?
-
Was kommt aus dem Bauteil heraus ? Muss ich das weiterbehandeln ?
Das Datenblatt:
Aha. Wenn ich das Datenblatt anschaue, sehe ich, dass es sich um eine
ProduktFAMILIE handelt. Da gibt es kleinere und größere Abweichungen in Form
und Pinbelegung, Geschwindigkeit und Anforderungen an die externe Beschaltung.
Da werde ich gleich mal darauf achten, daß ich nicht die Informationen
ähnlicher Bauteile der gleichen Familie vermische oder verwechsle. Das kann
Ärger bedeuten.
Nebst Bildern und einer Einleitung trifft man meist sehr
schnell auf ein Blockschaltbild oder eine genauere Darstellung des
Innenlebens. Da sieht man verschiedene Verstärker, Vergleicher, Treiber,
u.s.w. Mich interessieren aber gleich die Facts. Die folgen kurz darauf:
Dann kommt auch schon das nächste Blockschaltbild des Bausteins. Leicht
unübersichtlich tauchen mehrere Versorgungsspannungen Vcc1 und Vcc2 auf, man
erkennt alte Bekannte wie GND (ground/Masse), RxD (receive
data/Empfansleitung) und TxD (transmit data/Sendeleitung) und sieht auch Neues
wie z.B. SC und SD. Dazu gesellen sich Bauteile, die man vom Schaltbild her
kennt, Kondensatoren und Widerstände.
Nun stellen sich die Fragen:
Brauche ich Kondensatoren und Widerstände
? Brauche ich 2 Versorgungsspannungen ? Was ist SC und SD ?
Das
klärt man nun nacheinander:
- Die Beschriftung des Bildes deutet darauf hin, daß die vielen Kondensatoren und Widerstände die Schwankungen und Störungen der Stromversorgung beseitigen sollen. Nun. ich werde einen PC benutzen, der solche Störungen auch nicht mag. Also gehe ich davon aus, dass die Qualität der Stromversorgung ausreichend ist, um die Kondensatoren und Widerstände wegzulassen. Das Netzteil im PC wirds schon machen. Wenn ich Probleme bekomme, kann ich immer noch die Bauteile hinzufügen.
Widerstand "R1" fällt dabei aus dem Rahmen, er hat mit den übrigen
Widerständen und Kondensatoren offensichtlich nichts zu tun.Er führt von der
Versorgungsspannung zum Pin "IRED Anode". Also wird dieser Widerstand wohl die
Sendediode vor zu hohen Strömen schützen, da er in Reihe zur
Infrarot-Sendediode geschaltet ist. (Die Reihenschaltung sieht man hier
noch nicht, ich habe etwas vorausgegriffen)
Und siehe da, wenn man
einpaar Sätze der Dokumentation weiter liest, steht da die Empfehlung bei 5V
Versorgungsspannung einen Widerstand von 14 Ohm zu verwenden. Ein größerer
Widerstand wird die Reichweite verkleinern. Ein kleinerer Widerstand kann
gefährlich für Auge (Auch Infrarotlicht kann blenden !) und Schaltung
sein.
- Die Versorgungsspannung kann ich wohl auch getrost aus einer Quelle
speisen, da meine Versorgungsspannung 5 V beträgt und somit unter der
maximalen Versorgungsspannung des TFDS4500 liegt. Aus meinen 5 V werde ich
auch die IRED Sendediode speisen, was sich wiederum auf den Widerstandswert
von R1 niederschlägt.
GND habe ich haufenweise in meinem PC.
- RxD und TxD sind Signale, die mit TTL Pegeln arbeiten. Das bedeutet, sie
sind ohne irgendwelchen Aufwand mit meinem Mainboard kompatibel. (Solange
das Mainboard ja mit TTL Pegeln auf der Infrarotschnittstelle arbeitet
...).
Hier wird das wichtig, was ich schon über TTL weiß. Am Ausgang
des TFDS4500 können gar keine 5V anliegen, da sicher irgendwo Verluste
auftreten. Das Datenblatt sagt, daß Vcc - 0.5 V herauskommt. In meinem Fall
also 4.5V. Das reicht meinem Mainboard immer noch, um eine logische 1 zu
erkennen. Alles bestens. Ich weiß ja auch nicht, ob mein Mainboard nicht auch
bloss 4.5V an den TFDS4500 schickt. Aber selbst das funktioniert aufgrund der
Eingangstoleranz. Es ist fast zu einfach.
Für den direkten Anschluss an
die serielle Schnittstelle des PC wäre diese Lösung aber nicht ausreichend.
Die serielle Schnittstelle arbeitet nämlich nicht mit TTL Pegeln. Da müsste
eine Umwandlung erfolgen.
- Was bedeutet nun SD und SC ? Wenige Sätze später erfährt man, daß SC 'Sensitivity Control' bedeutet. Man kann die Empfindlichkeit des Chips so weit erhöhen, dass man auch viele Störungen empfängt. Das will ich nicht. Also lege ich diesen Pin wie beschrieben auf GND.
Ah, und da stosse ich auch auf die Bedeutung von SD und der zweiten Versorgungsspannung. SD soll 'Shutdown' bedeuten, ein Stromsparmodus (wohl für batteriebetriebene Geräte - also für mich uninteressant). Schaltet man Vcc1 ab, und läßt Vcc2 an, dann braucht der TFDS4500 kaum mehr Strom. Juhu. Egal. Ich werde Vcc1 und Vcc2 zusammenlegen und zwar auf 5V.
Was bleibt dann noch ? NIX mehr. Fertig.
Aus Neugierde schaue ich noch in die Referenzimplementation hinein.
Eigentlich weiss ich schon alles, aber OOOPPPS ! Da finde ich Ätzvorlagen für
die Schaltung, Firmennamen von Mainboardherstellern, die diese Schaltung
verwenden, Anschlußbelegungen von Mainboards. Alles. Da habe ich mich ja fast
umsonst angestrengt. Aber ich weiss jetzt wenigstens wie einfach das alles
ist.
Welcher Pin hat nun welche Funktion ? Ein kleiner, letzter Blick in das
Datenblatt sagt mir, daß der TFDS4500 so belegt ist:
1 - IRED Kathode ( offen lassen )
2 - RxD
3 -
VCC ( 5 V )
4 - GND
5 - SC ( GND )
6 -
NC ( offen lassen )
7 - TxD
8 - IRED Anode ( mit
einem Widerstand von 15 Ohm an 5V anschliessen )
TFDU und TFDT sind anders belegt.
Das war die gesamte Betrachtung, Punkt für Punkt. Und auf diese Weise kann
man sich Datenblätter, Beschreibungen und Bilder zunutze machen, um eine
eigene Schaltung zu entwerfen. Der Aufbau ist nach einem gut durchdachten
Entwurf nur ein Klacks und reines Handwerk.
Hier ein engagierter Bastler, der die Infrarot-Schaltung mit dem TFDS4500 tatsaechlich gebaut hat.
Auf seiner Homepage befinden sich auch Bilder seiner Lösung.
Von einem, der auszog, nur 2 Bauteile zu benutzen: http://www.infrarotport.de/
Ein Hinweis von Rory Britz <britz@cad.uni-sb.de>
Durch den Anschluss an ca 1,8m 4x0.14mm^2 Kabel reicht der
Spannungseinbruch, im Moment des Sendens ( immerhin ca.200mA), aus um den
Receiver vor seinem eigenen Schatten erschrecken zu lassen. Wenn also Win98
irgendwas von " kann keine Geraete finden weil andere Geraete bereits Infrarot
verwenden" (oder so aehnlich) (ein gruener und ein roter Punkt mit einem
abgewinkelten Pfeil als Symbol) fasselt stimmt dieses in so fern, dass der
Transceiver seine eigenen Sendeimpulse als fremdes Geraet wertet. In meinem
Fall reichte ein 22 uF-Elko und ein 39 Ohm-Vorwiderstand um (endlich) einen
Empfang zu erhalten. Die im Datenblatt vorgeschlagene Schaltung wird wohl das
Empfangsergebnis
weiter verbessern.
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Wer nun Geschmack an solch detektivischer Arbeit gefunden hat und noch weitere Entdeckungen zu dieser Schaltung gemacht hat, ist herzlich eingeladen, diese Entdeckungen mit mir zu teilen. Selbstlose Informationsgeber sind bekanntlich immer gerne gesehen :-)
Informationen zum IR-Transceiver TFDS4500 erhält man aus Katalogen wie z.B.
Conrad (http://www.conrad.de/), oder
Farnell (http://www.farnell.com/) und
natürlich sehr ausführlich vom Hersteller (http://www.vishay.de/)